67. Jahrestagung der DGHM

Tagungsbericht
Ursula Brett
67. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie
Die umfangreiche Industrieausstellung mit über 50 Ausstellern dokumentierte, dass das mikrobiologische Labor sich im Wandel befindet. © Becton & Dickinson
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Die diesjährige Tagung der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) fand vom 27. bis 30. September in Münster statt.

Die Tagung ist ein Forum, auf dem sich Mikrobiologen, Hygieniker, MTLA und Hygienefachkräfte zum Erfahrungsaustausch treffen. Das breit angelegte wissenschaftliche Programm zeigt den hohen Stellenwert der Medizinischen Mikrobiologie und Hygiene für die Bereiche der Infektionsdiagnostik und der Infektionsprävention. Über 1.000 Teilnehmer informierten sich über neue Erkenntnisse zur Erkennung, Verhütung und Therapie von Infektionskrankheiten.

Wissenschaftliches Programm

Hochrangige Expertenvorträge in 5 Hauptsymposien und 28 Workshops mit anschließenden Diskussionsrunden sowie praxisorientierte Workshops und über 300 Posterpräsentationen boten Plattformen für den wissenschaftlichen Erfahrungsaustausch zur Erkennung, Diagnostik, Therapie und Prävention von Infektionskrankheiten.

MTA-Workshops

In den beiden für MTA angebotenen Workshops wurden u. a. Regulatorische Vorgaben für Schnellteste zum Nachweis von HIV, HBV, HBC und Sepsis aufgezeigt. Rili-BÄK B3 Qualitätskontrolle in der Molekularbiologie vorgestellt Lab in a tube (LIAT) vorgestellt, wie die PCR in weniger als 20 Minuten das Patientenmanagement verändert. Anwendungsmöglichkeiten einer schnellen Molekularbiologie mit LAMP erläutert. Go FISHing ein faszinierendes Tool für die mikrobiologische Diagnostik.

Anforderung an eine moderne Clostridium difficile-Diagnostik

In vielen Krankenhäusern in Deutschland treten Infektionen mit C. difficile wesentlich häufiger als MRSA-Infektionen auf. Dass C. difficile der am häufigsten im Krankenhaus erworbene Erreger ist, wird in der Öffentlichkeit gegenüber der MRSA-Infektion kaum wahrgenommen.

Umweltresistente Sporen von C. difficile sind weit verbreitet. Sie kommen natürlicherweise im Erdboden, in Flüssen, Seen, Schwimmbädern und in der Darmflora des Menschen vor. Bei bis zu 90 % gesunder Neugeborener und Kleinkinder ist C. difficile in der Darmflora nachweisbar. Wahrscheinlich durch mangelnde Ausprägung der Toxinrezeptoren werden die Säuglinge nicht krank. Ältere Kinder und an Mukoviszidose Erkrankte sind bis zu 50 %, gesunde Erwachsene bis zu 10 % Keimträger. Nach einer Krankenhausaufnahme kommt es relativ schnell zu einem Anstieg der Keimbesiedlung mit C. difficile. Die extreme Resis-tenz der Sporen von C. difficile gegen Hitze und Desinfektionsmittel begünstigen eine lange Persistenz außerhalb des Organismus. Die Prävalenz auf bestimmten Stationen ist hoch und nur schwer durch intensive Hygienemaßnahmen zu bekämpfen, um die Infektionsraten zu senken. Die Besiedlungsrate korreliert direkt mit der stationären Verweildauer. Beträgt die Kolonisation bei der Aufnahme 5 % bis 10 % ist sie nach 1 Woche Klinikaufenthalt bereits auf ca. 25 % angestiegen und nach 4 Wochen auf 35 % bis 50 % je nach Risikofaktoren der Patienten. 40 % bis 60 % der Patienten, die Antikörper gegen das Toxin A besitzen (durch frühere latent verlaufende Infektionen) bleiben symptomlos. Etwa 15 bis 20 % der Patienten, die den Erreger im Krankenhaus erworben haben, entwickeln eine C. difficile assoziierte Diarrhö, bis zu 70 % eine C. difficile assoziierte Kolitis. Bei über 90 % der Patienten mit pseudomembranöser Kolitis kann der Erreger aus Stuhlproben isoliert werden.

Diagnostik

Da eine frühe Diagnose den Krankheitsverlauf des betroffenen Patienten entscheidend beeinflusst, ist eine möglichst sensitive und schnelle mikrobiologische Diagnostik zur Erfassung von toxinogenen C. difficile-Infektionen erforderlich, damit eine gezielte antibiotische Therapie eingeleitet werden kann oder unnötige Therapien vermieden werden, wenn es sich um nicht pathogene Erreger, die kein Toxin bilden, handelt. Alle Patienten in der Klinik mit Durchfall, sollten auf C. difficile untersucht werden. Die Stuhlproben müssen so schnell wie möglich dem Labor zugeleitet werden und innerhalb von 2 bis 5 Stunden nach Entnahmezeit verarbeitet werden. C. difficile-Toxine sind umweltlabile Proteine, die nach wenigen Stunden bei Raumtemperatur zerfallen und nicht mehr nachweisbar sind.

Stufendiagnostik

Glutamatdehydrogenase-Nachweis

Der Glutamatdehydrogenase-Test (GDH-Test) ist ein einfach und schnell durchführbarer Screening-Test zum Nachweis einer C. difficile-Infektion. Je nach eingesetztem Test gelingt der Nachweis GDH innerhalb von 15 bis 30 Minuten. Der Test ist hochsensitiv, aber wenig spezifisch, da auch C. difficile-Stämme, die kein Toxin bilden, positiv reagieren. Durch seinen hohen negativen Vorhersagewert von 99 % eignet er sich zum schnellen Ausschluss von C. difficile.

Bestätigungsteste zum Toxinnachweis

Enzymimmunoassay

Enzymimmunoassays sind schnelle, einfach und gut automatisierbare Nachweismethoden zum Toxinnachweis. Toxinogene C. difficile-Stämme bilden in etwa die gleiche Menge Toxin A und Toxin B. Stämme der Serogruppe F (Vorkommen seltener) bilden nur Toxin B.

Mit der Real-Time-PCR oder Multiplex-PCR können Toxin produzierende C. difficile Stämme direkt aus Stuhlproben oder aus Kulturmaterial innerhalb von 1 bis 4 Stunden in Abhängigkeit von der Geräteausstattung nachgewiesen werden. Je nach Anbieter sind unterschiedliche Nachweiskombinationen erhältlich. Vorwiegend werden mit der PCR die Abschnitte der Gene für Toxin A und Toxin B nachgewiesen. Zusätzlich können einige PCR noch das binäre Toxin, die tcdC-Deletion oder eine Chinolon-Resistenz nachweisen.

Kultureller Nachweis

Die Kultur ist unerlässlich: Bei Patienten mit schweren klinischen Symptomen.Bei klinischem Verdacht auf eine C. difficile-Infektion und einem negativen Direktnachweis.Für die antibiotische Empfindlichkeitstestung.Zur Typisierung des C. difficile-Stamms.Zur Überwachung von Infektionsausbrüchen.

Toxoplasmose-PCR

Die Toxoplasmose-PCR hat ihre Wertigkeit nur im akuten Stadium der Erkrankung. Schwerpunkt ist die Prä- und Postnataldiagnostik. Wenn der Verdacht besteht, dass sich eine Schwangere zum ersten Mal mit Toxoplasma gondii infiziert hat, die Mutter noch keine Immunität (Antikörper) gegenüber Toxoplasmose besitzt und auch noch keine spezifische Therapie eingeleitet ist, können die Toxoplasmen diaplazentar auf den Feten übertragen werden. Um eine Infektion des Feten zu bestätigen oder auszuschließen, besteht die Möglichkeit, die DNA der Toxoplasmen im Fruchtwasser mit der PCR nachzuweisen. Die positive Nachweisquote mit der PCR liegt bei 92 %. Ein negatives Ergebnis schließt eine Toxoplasmose-Infektion nicht mit Sicherheit aus. Die Amniozentese sollte nicht vor der 8. bis 10. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden.

Der zweite Schwerpunkt, in der die Toxoplasmose-PCR eingesetzt wird, ist die Postnataldiagnostik, um eine konnatale Toxoplasmose beim Neugeborenen abzuklären, wenn die Mutter während der Schwangerschaft an Toxoplasmose erkrankt ist. Der Toxoplasma-DNA-Nachweis kann im peripheren Blut des Neugeborenen, im Nabelschnurblut oder in der Plazenta nachgewiesen werden. Der DNA-Nachweis gelingt nur bei ca. 65 % der Neugeborenen.

Okuläre Toxoplasmose

Die okuläre Toxoplasmose tritt bei Kindern nach einer konnatalen Infektion als Spätfolge oder bei immunsupprimierten Patienten auf. Zur Abklärung ist die Untersuchung von Kammerwasser oder Glaskörpermaterial mit der Toxoplasmose-PCR die einzige sinnvolle Diagnostik.

Next-Generation Sequencing

Im Bereich der Infektion wurde das sogenannte „Next-Generation Sequencing“ (NGS) zur mikrobiellen genomischen Überwachung präsentiert. Diese NGS-Technologie hat zwei große Vorteile gegenüber der herkömmlichen Diagnostik: erstens ist sie universell, d.h. unabhängig vom nachgewiesenen Erreger kann sie entsprechende Ergebnisse liefern, was mit der bisherigen Technologie nicht oder nur sehr begrenzt möglich war. Zweitens ermöglichen die NGS in der Epidemieaufklärung als universelles und umfassendes Testverfahren eine schnelle vollständige Erregercharakterisierung und -typisierung.

Die NGS-Technologie revolutioniert zurzeit die Krankenhaushygiene. Im Krankenhausalltag, wo immer wieder die Frage gestellt wird, ob ein Erreger von einem Patienten auf einen anderen übertragen wurde oder nicht, bedeutet dies konkret, dass mit der NGS diese Frage sicher beantwortet werden kann.

Das Next-Generation Sequencing ist eine ultraschnelle und preisgünstige Möglichkeit, die bisherige Stufendiagnostik durch das Erfassen multipler Mutationen in einem einzigen Test zu ersetzen.

Neue Wege zur Infektionsbehandlung

Mit der Herstellung von Antibiotika zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten im vergangenen Jahrhundert hatte man die Hoffnung, diese bald beherrscht zu haben. Dies erwies sich jedoch als Trugschluss. Infektionen nehmen weltweit rasant zu. Beängstigend ist die Zunahme multiresistenter Bakterien. Dies hat verschiedene Ursachen. Einerseits werden Bakterien u.a. durch Änderung ihrer Resistenzgene durch Antibiotika unangreifbar, andererseits werden laut Aussage führender Infektiologen trotz Aufklärung noch immer viel zu oft unnötige oder falsche Antibiotika zur Behandlung eingesetzt. Der Verbrauch von Antibiotika in Deutschland ist im Verhältnis zu anderen europäischen Ländern zu hoch. Für die multiresistenten Infektionserreger gibt es kaum noch Therapieoptionen, denn die Pharmaindustrie kommt mit der Neuentwicklung von Chemotherapeutika kaum noch nach.

Antibiotika alleine werden in naher Zukunft nicht mehr ausreichen, Infektionen erfolgreich zu therapieren. Neue Strategien zur Behandlung und Prävention der Infektionen sind notwendig. Eine Möglichkeit der alternativen Therapie und Prävention könnte die lokale Anwendung von Bakteriophagen sein. Das sind spezialisierte Viren, die nur Bakterien als Wirt befallen, sich spezifisch an bestimmte Bakterienarten anlagern und diese durch Lysine in nur wenigen Minuten abtöten. In einem vom DZIF-geförderten Projekt in Münster und Tübingen wurden zusammen mit der Firma Hyglos, Bernried derartige Lysine hergestellt, charakterisiert und so modifiziert, dass sie bezüglich ihrer keimtötenden Wirkung und ihrer Eigenschaften als zukünftiges Arzneimittel erregergezielt wirken können. Ihre hochspezifische und extrem schnelle Wirkung mindert den Selektionsdruck und vermindert die Entstehung von Resistenzen. Erste klinische Studien zur Anwendung als Mittel zur nasalen MRSA-Eliminierung sind in naher Zukunft geplant.

Infektionsprävention und Krankenhaushygiene

Prävention von Infektionen durch Maßnahmen der Krankenhaus- und Lebensmittel-Hygiene war ein weiterer wichtiger Schwerpunkt auf der diesjährigen Tagung der DGHM. Häufungen von nosokomialen Infektionen werden mit großer Besorgnis in der Bevölkerung wahrgenommen. Tatsächlich müssen die Krankenhäuser große Anstrengungen unternehmen, um ihre Patienten vor dem Risiko einer Infektion bestmöglich zu schützen. Wichtig ist dabei, die sogenannte Basishygiene bei allen Patienten im Gesundheitswesen weiter zu entwickeln und dabei alle Beschäftigten mit einzubeziehen. Auf der anderen Seite sollen alle Patienten, die mögliche Träger von Krankheitserregern sind, die beim Träger selbst oder bei Mitpatienten zu Infektionsproblemen führen könnten, möglichst früh erkannt werden, damit dann entsprechende Isolierungsmaßnahmen durchgeführt werden können. Dies betrifft vor allem die Personen, die multiresistente Erreger tragen. Dabei zeigt sich immer häufiger, dass die Konzepte, die seit einigen Jahren erfolgreich zur Bekämpfung von MRSA umgesetzt werden, nicht ohne weiteres 1:1 auf andere multiresistente Erreger wie z.B. auf gramnegative Darmbakterien übertragbar sind. Es gilt die an verschiedenen Kliniken in Deutschland und international gewonnenen Erfahrungen wissenschaftlich auszuwerten, um Konzepte für die Zukunft zu entwickeln.

Es zeigt sich, dass es mit einer Ausweitung von Verordnungen und Meldepflichten allein ebenso wenig getan ist, wie mit der sehr wünschenswerten verbesserten Ausbildung von Hygienefachärzten und Hygienefachkrankenpflegekräften. Entscheidend ist, dass in den Kliniken ausreichend qualifiziertes Personal zur Umsetzung der Hygienemaßnahmen vorhanden ist. Davon ist man zurzeit noch weit entfernt.

Im ärztlichen Bereich wird zunehmend die kritische Analyse und gezielte Verbesserung der Antibiotikaverordnungen angegangen.

Industrieausstellung

Die umfangreiche Industrieausstellung mit über 50 Ausstellern dokumentierte, dass das mikrobiologische Labor sich im Wandel befindet. Ein Rundgang durch die Ausstellung verdeutlichte die rasante Weiterentwicklung der Automatisierung, ein vollautomatisiertes Labor ist keine Utopie mehr. Die zunehmende Anzahl patientennaher Diagnostiksysteme zum gezielten schnellen und spezifischen Erregernachweis von Bakterien, Viren und Parasiten stehen derzeit im Fokus der Diagnostika-Hersteller. Je nach Anzahl der Probenaufkommen stehen kleine handliche Systeme, die Einzelproben z.B. außerhalb der normalen Arbeitszeit im Notfalllabor nach 15 Minuten ein Ergebnis liefern, kompakte FilmArray Systeme, die auf der Basis von Multiplex-PCRs innerhalb 1 Stunde Analysendauer bei nur 2 Minuten Arbeitszeit Infektions-Erreger identifizieren bis hin zu Großgeräten.

Entnommen aus MTA Dialog 12/2015

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